Der Milliardär verlangt sein Geld zurück

Frank Stronach wollte die Politik neu erfinden. Er investierte viel Geld und scheiterte desaströs. Nun kehrt er nach Kanada zurück. Seine Millionen will er wiederhaben.

ZEIT ONLINE 10. Oktober 2013

Frank Stronach ist wieder weg. Nach der Wahlschlappe bestieg er sein Flugzeug und düste Richtung Amerika. Sein politisches Projekt ist vorerst gescheitert. Keine sechs Prozent erreichte sein „Team Stronach“ bei den österreichischen Nationalratswahlen vor knapp zwei Wochen. Gehofft hatte er auf vier- bis fünfmal so viel.

Bevor der 81-jährige Patriarch abhob, machte er noch rasch klar, wer der Boss ist und krempelte seine gerade erst gegründete Partei um: Geschäftsstellen in den Bundesländern wurden geschlossen, die Führungen der Landesorganisationen im Handstreich entmachtet, der Parlamentsklub neu geordnet und die Führung der Bundespartei mit Vertrauten besetzt. Zurück bleiben eine zerrüttete Partei, düpierte Funktionäre und ein Haufen Schulden – bei ihrem Gründer; denn der reiche Onkel aus Amerika will sein Geld zurück.

Dabei war die Ausgangslage für eine neue politische Kraft gar nicht schlecht: Ständig neue Korruptionsskandale erschüttern seit Jahren das Land, die Politik der Großen Koalition zwischen SPÖ und ÖVP wird als Stillstand wahrgenommen und als Protestpartei bot sich lange nur die extrem rechte FPÖ an. Im August 2012 verkündete der gebürtige Steirer Frank Stronach, bei den Nationalratswahlen antreten zu wollen. Er war mit seinem Autozuliefererkonzern Magna in Kanada zum Milliardär geworden. Nun trat er an, um die Politik in der Alpenrepublik zu reformieren. Zwanzig bis dreißig Prozent der Stimmen war seine Zielvorgabe.

Er duzte alle beharrlich

Schnell, noch in der vergangenen Legislaturperiode, hatte er genügend Überläufer im Wiener Parlament gefunden, um eine eigene Fraktion zu gründen – den Vorwurf sie seien gekauft worden, wiesen alle zurück. Ohne je gewählt worden zu sein, war Stronach zur politischen Kraft im Nationalrat geworden. Vom österreichischen Berlusconi war plötzlich die Rede, der die politische Kultur verändern könnte.

Sein Auftreten war skurril und gefiel trotzdem vielen. Er duzte beharrlich Journalisten, wie Kontrahenten, beantwortete Fragen nur, wenn sie ihm gerade ins Konzept passten, scherte sich wenig um Konventionen und verkündete auch im deutschen Fernsehen, etwa bei Sandra Maischberger, seine Parolen: das geeinte Europa sei böse, der Euro gehöre abgeschafft und überhaupt: Die Wirtschaft sei gut und die Politik von Grund auf schlecht.

Posen mit nacktem Oberkörper

Auch in den Bundesländern bediente er sich beim Personal anderer Parteien. Das Team Stronach zog in drei Landesparlamente ein und sitzt seit April sogar in Salzburg in einer Koalitionsregierung mit der konservativen ÖVP und den Grünen. Doch das Personal wurde beständig wunderlicher. In Kärnten, dem südlichen Bundesland in dem einst Jörg Haider herrschte, wurde ein früherer SPÖ-Bürgermeister zum Parteichef ernannt, der ein paar Jahre zuvor energetische Kräfte an sich entdeckt haben soll. Er könne beispielsweise durch das Auflegen der Hände Verspannungen lösen. Mit dieser Gabe behandelte er fortan Stronachs Pferde und der kauzige Wirtschaftsmagnat sei für ihn bald zum „väterlichen Freund“ geworden.

Was zu Beginn noch skurril-komisch war, wurde zunehmend tragisch. Spätestens als Frank Stronach selbst in den Ring stieg und in Fernsehdebatten auftrat, wurde der Patriarch für seine Partei zum Problem: Er posierte mit nacktem Oberkörper, plädierte für die Einführung der Todesstrafe für Berufskiller und machte sich Gedanken über einen Einmarsch Chinas in Österreich.

 

Das ging sogar den Österreichern zu weit, die für herben Zynismus sonst durchaus offen sind. Das zeigte das desaströse Wahlergebnis, das in keinem Verhältnis zu den hohen Kosten stand: 25 Millionen Euro hat Stronach in seine Truppe investiert und nur 5,7 Prozent haben sie gewählt – die deutsche SPD hatte für den Bundestagswahlkampf ein Budget von 23 Millionen Euro. Dementsprechend lang waren die Gesichter auf der Party am Wahlabend in einem Hotel in der Wiener Innenstadt. Von den Parteigranden war nur Robert Lugar anwesend, bis dahin Klubobmann der Stronach-Fraktion im Parlament. Allein musste er das Ergebnis schönreden – kurz darauf wurde er seines Amtes enthoben. Nun ist er wieder einfacher Abgeordneter.

Macht lässt sich nicht kaufen

In den Tagen seit der Wahl wirbelte Frank Stronach die Partei durcheinander, entmachtete Landeschefs, auch den Energetiker seiner Pferde, setzte stattdessen Vertraute ein und forderte 10 Millionen Euro von der Partei zurück; das Geld sei nur ein Darlehen gewesen. Als sich zaghaft Widerstand regte, ließ er aus Übersee über die Tageszeitung Kurier lapidar ausrichten: „Was die wollen, ist egal.“

Stronachs politisches Experiment in Österreich ist gescheitert. Selbst die FPÖ hat inzwischen eine Zusammenarbeit mit dem Team Stronach ausgeschlossen. Macht lässt sich nicht so einfach kaufen. Die einstigen politischen Glücksritter, die darauf hofften, auf einem Stronach-Ticket in eine unbeschwerte Zukunft reisen zu können, sind hart auf dem Boden der autokratischen Realität gelandet. Sie müssen ausbaden, was ihnen ihr Parteiführer hinterlassen hat. Geblieben sind elf zankende Parlamentsabgeordnete und drei Landesparteien, die sich künftig wohl mehr um Abgrenzung von der Chaostruppe in Wien bemühen werden – der Kärtner Energetiker droht gar mit Abspaltung.

Und der Boss? Der ist weit weg von alledem und kann sich in Kanada wieder anderen Dingen zuwenden; etwa Adena Gourmet Grill, seiner neuen Steakhouse-Kette.

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